Spezialwaggon mit Tarnung
Kernkraftwerker übergeben Eisenbahnverein neues Ausstellungsstück
RHEINSBERG. Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Rheinsberger Bahnhof e.V. können seit gestern auf ein neues Exponat in ihrer Sammlung verweisen: Es handelt sich dabei um den ausgedienten Containertransportzug, mit dem zu DDR-Zeiten die abgebrannten Brennstäbe aus dem Rheinsberger Kernkraftwerk in die Sowjetunion zurücktransportiert und neue angeliefert wurden. Aus Paderborn kommend, traf gestern Vormittag der Waggon auf dem Rheinsberger Bahnhof ein. Norbert Schöttle, zuständig im KKW für die Eisenbahn, übergab das Schienenfahrzeug an Walter Lange, Fred Zeuschner und Rudolf Moser vom Eisenbahnverein. Den Rheinsbergern ist der Waggon nicht unbekannt. Allerdings wussten die wenigsten, welche Aufgabe der Wagen mit den sonderbaren Aufbauten erfüllte. Mit Kühlrippen und Isolatoren versehen, ähnelte der Aufbau eher an einen fahrbaren Transformator. In Wirklichkeit handelte es sich um ein getarntes Spezialfahrzeug, mit dem die hochradioaktiven Brennstäbe in die damalige Sowjetunion zurückgebracht wurden.
Laut dem Rheinsberger Anlagenleiter Siegfried Schweitzer kam der den Energiewerken Nord gehörende Waggon nach der Wende nicht mehr zum Einsatz. Die noch in Rheinsberg verbliebenen abgebrannten Brennstäbe wurden in Castoren verpackt und im Mai dieses Jahres in das Zwischenlager für radioaktive Stoffe nach Greifswald gebracht (die MAZ berichtete).
Der einst aus einem Containerwagen sowie einem Geräte- und einem Mannschaftswagen bestehende Transportzug hatte noch einige Zeit auf dem Gelände des Rheinsberger Kernkraftwerkes gestanden. Es gab Überlegungen, ihn zu verschrotten. Doch schließlich kam die Idee, den Waggon der Rheinsberger Arbeitsgemeinschaft zu überlassen. In einem Spezialwerk in Paderborn wurde der Zug zerlegt, die verstrahlten Teile wurden entfernt. Wieder zusammengebaut geht von dem Waggon keine Gefahr mehr aus. Die strahlende Fracht wurde einst in einem Container aus Stahlguss, dessen Wandstärke 338 Millimeter betrug, befördert. Von dem Fahrzeug mit zwei Diesel- und zwei Benzinnotstromaggregaten, einer Werkstatt mit Hebezeug für Reparaturen auf offener Strecke, Ersatzrädern und einem Mannschaftsabteil für zwölf Personen ist nur noch die Hülle übrig geblieben.
Jürgen Rammelt
(MAZ (Ruppiner Tageblatt), 2001-12-28)