Nostalgie auf der Schiene
Ferkeltaxe zum Kernkraftwerk als Publikumsmagnet beim Rheinsberger Bahnhofsfest

RHEINSBERG. Andre Reuter ließ sich am Sonnabend oft fotografieren. In traditioneller Uniform gab er am Sonnabend den Schaffner. Für das Rheinsberger Bahnhofsfest wurde eine alte Ferkeltaxe wieder in Betrieb genommen.
Als Reuter die Kelle hebt und die Pfeife erklingen lässt, drücken wieder Finger auf die Auslöser von Kameras. „Dafür bin ich hier. Wer weiß, wie oft die Leute so etwas noch zu sehen bekommen", sagt der 57-Jährige im Hinblick auf den Leichttriebwagen der DDR - im Volksmund Ferkeltaxe genannt -der an jenem Tag zwischen Rheinsberg und dem Stechlinsee unterwegs ist.
Als Attraktion für das Fest hat die organisierende Arbeitsgemeinschaft (AG) Rheinsberger Bahnhof ein solches Gefährt organisiert. Der Verein „Berliner Eisenbahnfreunde" aus Basdorf bei Wandlitz hatte das Fahrzeug zur Verfügung gestellt.
Für die Fahrt in die Prinzenstadt wurde eine Streckennutzungsgebühr nötig. „Deshalb wissen wir nicht, ob die Ferkeltaxe auch im nächsten Jahr kommt", so Reuter. Am Sonnabend genießt der Waggon volle Aufmerksamkeit der Gäste.
Die 40-minütigen Fahrten zum Kernkraftwerk und zurück werden gut angenommen, gerne zahlen die Gäste die fünf Euro. Immerhin bietet das Fahrzeug jede Menge Nostalgie und weckt bei vielen Leuten Erinnerungen an die eigene Vergangenheit.
Doch auch Reuter selbst ist mit seiner Uniform ein Hingucker und beliebtes Fotomotiv. Der Löwenberger hat nicht nur in seiner Freizeit mit Zügen zu tun. Seit 37 Jahren arbeitet er als Fahrdienstleiter bei der Deutschen Bahn. „Ich hab den Beruf von der Pike auf gelernt", sagt er stolz.
Dass er seine Arbeit liebt, ist offensichtlich. Immerhin befasst er sich auch in der Freizeit mit allem, was mit Eisenbahnen zu tun hat.
Auch abseits vom Bahnsteig, an dem Reuter Dienst schiebt, ist jede Menge los. Von der Bühne erklingen gecoverte Rocksongs, an mehreren Ständen werden Modelleisenbahnen und alles, was irgendwie mit Bahn zu tun hat, verkauft.
Beliebt sind auch die Draisinen. Immer wieder fahren Gruppen mit den handbetriebenen Gefährten übers Gleis. Die jüngsten Besucher interessieren sich vor allem für die Miniatur-Dampflock, die neben dem Bahnhofsgelände ihre Runden dreht. Das winzige Schienenfahrzeug wird tatsächlich mit Kohlen angetrieben. Schwindelfreie Gäste können sich aus fast 30 Metern Höhe einen Überblick über das Bahnhofsgelände, Rheinsberg und Umgebung machen. Ein Kran transportiert kleine Gruppen in luftige Höhen. Von oben ist das etwa sechs Kilometer entfernte Kernkraftwerk zu sehen. Währenddessen ertönt am Boden ein Pfiff: Die Ferkeltaxe fährt dorthin.
Brian Kehnscherper
(Ruppiner Anzeiger, 2012-08-27)


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