Verein liebäugelt mit Bahnhofskauf
Rheinsberger Eisenbahnfreunden liegt ein Angebot der Deutschen Bahn AG für Lokschuppen und Gleise vor
RHEINSBERG. Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft "Rheinsberger Bahnhof" dürfen sich freuen. Seit wenigen Tagen liegt ein Angebot der Deutschen Bahn AG vor, dass der Verein große Teile des Bahnhofes einschließlich der dazugehörigen Gleisanlagen, der Lokschuppen und des Kohlekrans kaufen kann. Damit könnte ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung gehen. Der über 30 Mitglieder zählende Verein möchte den Bahnhof als lebendiges Denkmal erhalten und ihn zu einem Museum ausbauen. Im alten Lokschuppen haben die ehemaligen Eisenbahner und Freunde des Vereins bereits eine große Zahl von Geräten, Werkzeugen und sonstigen Bahnutensilien zusammengetragen, die zu den Bahnhofsfesten und bei anderen Anlässen bereits der Öffentlichkeit gezeigt wurden. Laut Christian Carstens, der für den erkrankten Vereinsvorsitzenden Volkmar Hilbert die Vereinsgeschäfte erledigt, ist das Angebot der Bahn durchaus akzeptabel. Die Summe möchte er jedoch vorerst nicht nennen. "Für die rund 8000 Quadratmeter wird ein fünfstelliger Betrag verlangt, den der Verein sicher aufbringen kann", meint Carstens, der sich in geschäftlichen Dingen bestens auskennt. "Der Verein hat bereits eine ansehnliche Summe angespart, die ausreichen würde, um einen Kredit zu bedienen, den der Verein
wahrscheinlich für den Kauf aufnehmen müsste. Obwohl Carstens der Bahn bereits mitgeteilt hat, dass das Kaufinteresse groß ist, wollen die Vereinsmitglieder auf einer Sitzung am 20. April über das Angebot entscheiden. Im Gespräch ging es auch um das Bahnhofsgebäude, das hauptsächlich vom Heimat- und vom Verkehrsverein genutzt wird. Was damit wird, ist noch nicht entschieden. Carstens könnte sich jedoch einen langfristigen Pachtvertrag vorstellen. Was die besonders bei den Berlinern geschätzten Dampflokfahrten betrifft, hatte die Deutsche Bahn eine weniger gute Nachricht parat. In einem von Regio-Bereichsleiter der Bahn Karl-Heinz Friedrich unterzeichneten Schreiben wird Carstens mitgeteilt, dass die Regio Gruppe der Bahn nur noch die Gleise l und 2 für den Regionalexpress behalten will.
Die Vorhaltung des Gleises 3 sowie der notwendigen Weichen, die für das Umsetzen der Dampflok benötigt werden, würden im Jahr eine fünfstellige Summe kosten. Die Bahn möchte das Geld daher nicht mehr aufbringen, weil das Gleis auch für den normalen Triebwagenbetrieb nicht mehr benötigt wird. Außerdem stünden laut Friedrich die Reisezugwagen nicht mehr zur Verfügung, weil sie "ausgedient" hätten.
Als ein weiters Problem nannte Carstens eine Weiche, die durch die Bahn im April abgebaut werden soll. Da sie von der DB Regio nicht mehr benötigt wird, soll sie durch ein einfaches Schienenstück ersetzt werden. Dies hätte jedoch zur Folge, dass die Dampfloks nicht mehr umgesetzt werden könnten und die Lok den Zug bis Herzberg schieben müsste. Eine zweite Weiche sei daher unerlässlich. Für die Deutsche Bahn ist die Sache jedoch zu aufwändig und ein Ersatz zu teuer. Carstens will trotzdem mit Hilfe der Eisenbahner eine Lösung finden. Da der "Verein Traditionszug Berlin", das Verkehrsmuseum Nürnberg sowie der "Verein Dampflokfreunde Berlin" an der Fortsetzung der nunmehr bereits traditionellen Dampflokfahrten interessiert ist, wird vorgeschlagen, mit diesen Partnern zu verhandeln. Dies möchte Carstens demnächst auch tun. Allerdings müssten die Konditionen, die Fahrpreise und die konkrete Durchführung dieser Fahrten neu kalkuliert werden. Partner der Rheinsberger könnte zum Beispiel die "Hei Na Ganzlin" werden, ein Verein, der in Potsdam eine Dampflok zu stehen hat. Carstens meint, dass sie kostengünstiger sein könnte. In der Vergangenheit hatte der Wirtschaftsförderverein WiR pro Dampflokfahrt 1000 Mark zugesteuert, damit die Züge überhaupt fahren konnten. Laut Christian Carstens war das nur möglich, weil das Vereinsmitglied Jürgen Graf bei der Beschaffung des Geldes geholfen hat. Auch in diesem Jahr waren fünf bis sieben Dampfzüge geplant. Außer zu Ostern und Pfingsten sollten zum 3. Bahnhofsfest am l. und 2. September, zum Töpfermarkt am 14. Oktober sowie am l. Adventssonntag ein Dampfzug verkehren. Was davon realisiert wird, dazu will sich Carstens erst nach den Verhandlungen äußern.
JÜRGEN RAMMELT
(MAZ (Ruppiner Tageblatt), 2001-03-15)