Bahnfahrerin aus Passion
Stadtschreiberin Brigitte Struzyk las zum Abschied vor vollem Haus
RHEINSBERG. "Es ist höchste Eisenbahn" heißt der Titel des "Rheinsberger Bogens", der nach jedem Stadtschreiberaufenthalt herausgegeben wird. Diesmal hat Brigitte Struzyk, Rheinsbergs scheidende Stadtschreiberin, ein spannendes und informatives Buch hinterlassen, in dem über die Eisenbahnstrecke nach Rheinsberg, über Fahrradtouren auf einem ehemaligen Bahndamm und Begegnungen mit Eisenbahnern berichtet wird. Zur Abschiedslesung am Dienstag im Kaminzimmer des Marstalls reichen die Stühle nicht aus. Doch Peter Böthig, dem Leiter des Kurt-Tucholsky-Museums gelingt es, noch einige Sitzgelegenheiten aufzutreiben, sodass keiner der Besucher stehen muss.
Struzyk erzählt zu Beginn ihrer Lesung den Anwesenden, dass sie eine passionierte Bahn- und Radfahrerin ist. Das sei auch der Grund, dass sie ihre Erlebnisse aus dem Zug aufgeschrieben hat. Natürlich beginnt auch ihre Geschichte wie die von Ciaire und Wölfchen in Tucholskys „Rheinsberg. Ein Bilderbuch für Verliebte".
Doch die Autorin belässt es nicht nur bei historischen Rückblicken und Schilderungen, wie romantisch früher eine Zugfahrt von Berlin über Löwenberg nach Rheinsberg war. Es sind vor allem eigene Beobachtungen und Erfahrungen, die Brigitte Struzyk bei ihren Fahrten gesammelt und aufgeschrieben hat.
Dabei schildert sie die heutige Eisenbahnromantik genauso treffend wie die verlassenen und heruntergekommenen Bahnhöfe oder neuartigen „Outdoor-Möbel" und „Mini-Offenställe für Menschen" auf den Bahnsteigen zwischen Oranienburg und Rheinsberg. Doch damit nicht genug. Brigitte Struzyk hat sich mit dem Fahrrad auch auf die Strecke begeben, die ab 1928 von Rheinsberg nach Flecken Zechlin führte. Vorbei am Bahnhof Linow findet sie den Weg äußerst romantisch.
Gespräche hat Brigitte Struzyk auch mit Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft Rheinsberger Bahnhof geführt. Dabei spielte auch die Bahnstrecke zum Kernkraftwerk eine Rolle. Struzyk findet die Idee, dort eine Draisinenstrecke einzurichten, gar nicht übel. Wohl wissend, dass die Näturschützer wegen der Adler etwas dagegen haben, überlässt sie jedoch die Auseinandersetzung darüber den Rheinsbergern.
Jürgen Rammelt
(MAZ (Ruppiner Tageblatt), 2004-12-09)