Mit der Ferkeltaxe zum Kernkraftwerk
Die 18. Auflage des Rheinsberger Bahnhofsfestes lockte wieder zahlreiche Besucher an
Rheinsberg (RA) Das zum 18. Mal an diesem Wochenende veranstaltete Rheinsberger Bahnhoffest hat nichts von seiner Anziehungskraft verloren. Obwohl das schöne Wetter manchen Besucher davon abhielt, sich der prallen Sonne auszusetzen, lockte das Fest zahlreiche Besucher an.
Udo Blankenburger musste viele Hände schütteln. Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft (AG) Rheinsberger Bahnhof war mit der Resonanz vollauf zufrieden. Wie seit 18 Jahren schon hatten er und die Mitglieder des Vereins die zahlreichen Ausstellungstücke auf dem Bahnhofsgelände auf Hochglanz gewienert und für die zwei Tage in Position gebracht. Neben ganz normalen Besuchern, waren es vor allem Fans alter Eisenbahntechnik, die sehen wollten, welche historischen "Schmuckstücke" der Verein in seinem Museum präsentiert.
Obwohl der zugesagte Triebwagen der Berliner Eisenbahnfreunde mangels eines fehlenden Lokführers nicht nach Rheinsberg kommen konnte, hatten einige Besucher spontan die reguläre Verbindung für einen Ausflug in die Prinzenstadt genutzt. Auch die Fahrten zum Bahnhof "Stechlinsee" am stillgelegten Kernkraftwerk mit einem Triebwagen der Baureihe VT 172, im Volksmund als Ferkeltaxe bekannt, fanden an beiden Tagen statt. Ein Blick in den ehemaligen Lokschuppen, in dem der Verein seine "Schätze" aufbewahrt, war ein Muss für die Technikfans. Neben den Exponaten, zu denen zahlreiche Maschinen zum Vermessen und Bearbeiten der Gleisanlagen sowie Signaltechnik, alte Bahnhofsschilder, Uniformen und selbst Fahrkarten gehörten, konnten im Außenbereich auch einige Züge betrachtet werden. Die Sammlung der Bahnhofs AG umfasst eine Rangierlok, Bauwagen, einen U-Bahn-Wagen aus dem Jahr 1927, einen Unimog auf Schienen und der Waggon, mit denen die Brennelemente zum Kernkraftwerk transportiert wurden.
Mit von der Partie war am Sonnabend auch die Feuerwehr, die das Fest nutzte, um ihre Technik zu zeigen. Vom Hubsteiger der Brandbekämpfer aus konnten schwindelfreie Besucher sich den Bahnhof sowie Teile der Stadt aus der Vogelperspektive ansehen. Wenige Meter weiter konnten die Gäste sich auf zwei Draisinen per Muskelkraft fortbewegen.
Die Vereinsfrauen hatten für das Fest Kuchen gebacken, der reißend Absatz fand. Wer es deftiger wollte, ließ es sich bei der Gulaschkanone oder am Grill gut gehen. Die jüngsten Festteilnehmer amüsierten sich indes beim Kinderschminken oder auf der Hüpfburg. "Ohne die zahlreichen Helfer und unsere Familienangehörigen ist unser kleines und feines Fest kaum zu stemmen", erklärte Udo Blankenburger. Es gab Stände mit Modellbahnbedarf sowie Lektüre rund um die Eisenbahn. Mit Frank Maranius war auch ein ehemaliger Lokführer und Buchautor aus Glienicke-Nordbahn nach Rheinsberg gekommen. Maranius hat unter anderem einen Roman über ein Eisenbahnunglück geschrieben hat, das sich am 29. Januar 2011 ereignete, und bei dem ein Güterzug auf einen Personenzug aufgefahren war. "Es gab zwölf Tote und 45 Schwerverletzte", berichtete der einstige Lokführer.
Beim Bahnhofsfest ging es indes nicht um Katastrophen. Für musikalische Unterhaltung sorgte am Sonnabend die Gruppe "Country Büfett". Die Musiker aus Mecklenburg-Vorpommern mit ihrem Leiter Bertram Bednarzyk, der vor zehn Jahren die Band gegründet hatte, waren zum siebten Mal auf dem Bahnhofsfest vertreten. Aber auch der Auftritt des Blasorchesters aus Rheinsberg, das am Sonntagnachmittag mit zünftigen Klängen das Publikum unterhielt, gehörte zu den Höhepunkten des Traditionsfestes.
Jürgen Rammelt
(Ruppiner Anzeiger, 2016-09-29)