Nostalgie im Schienenbus
Sonderfahrten zum KKW-Werkbahnhof waren der Renner des 13. Rheinsberger Bahnhofsfestes

Plötzlich stand ein alter Eisenbahnwagen in Flammen. Doch zum Glück gehörte das nur zum Showprogramm des Bahnhofsfestes.
RHEINSBERG. Getriebeschaden. Ausgerechnet jetzt, wo der Triebwagen VT 772 aus Neustrelitz fest eingeplant ist - als eine der Hauptattraktionen für das Rheinsberger Bahnhofsfest. Die Arbeitsgemeinschaft Rheinsberger Bahnhof brauchte dringend einen Plan B, sollten die geplanten Triebwagentouren vom Rheinsberger Bahnhof ins stillgelegte KKW am Sonntag nicht ins Wasser fallen.
Zum Glück ist dem Vereinsvorsitzenden Udo Blankenburger und seinen Mitstreitern etwas eingefallen. Und so übernahm gestern ein Triebwagen aus Löwenberg, organisiert mit Hilfe der DB Regio, die zehn Kilometer lange Nostalgietour durchs Naturschutzgebiet. Am Sonnabend pendelte wie vorgesehen der Uerdinger Schienenbus VT 95, das westdeutsche Pendant zur Ferkeltaxe, zwischen Rheinsberg und KKW-Werkbahnhof.
Die Fahrten waren ein echter Renner auf dem inzwischen schon 13. Rheinsberger Bahnhofsfest, zu dem an beiden Tagen mehrere hundert Besucher kamen. So hatte es sich Helga Kuras mit ihren Enkeln Jannek (6) und Julian (18 Monate) im Triebwagen bequem gemacht. Die Rheinsbergerin hatte bis 1984 im KKW gearbeitet und war immer mit dem Zug zur Arbeit gefahren. „Damals fuhr noch ein ganzer Zug, in dem morgens und abends einige hundert Leute saßen", erinnert sie sich.
Roland Richter (68) ist extra aus Berlin gekommen, um noch mal eine Fahrt zum KKW zu erleben. Der ehemalige Rheinsberger, dessen Vater Martin Richter ebenfalls im Kernkraftwerk beschäftigt war, hatte 1967/68 als Mess-und Regeltechniker im KKW gearbeitet und war später im KKW Lubmin tätig. Bei der Fahrt anlässlich des Bahnhofsfestes war einiges anders als früher: So musste der Triebwagen vor den Bahnübergängen an den beiden Hauptstraßen kurz halten, damit manuell die Ampeln auf Rot gestellt werden konnten. Der Aufenthalt auf dem verwaisten Werkbahnhof, auf dem die Uhr aber immer noch die genaue Zeit anzeigt, währte nur kurz. Wer einen Spaziergang zum nahen Stechlinsee unternehmen wollte, fuhr eben mit dem nächsten Zug zurück.
Am Bahnhof Rheinsberg wurden die Gäste gut unterhalten. Es gab Blasmusik und Countrymusik. Wer wollte, konnte sich im U-Bahnwagen umsehen oder im Lokschuppen Signaltechnik, Schilder, Uniformen und Arbeitsgeräte der Eisenbahner bestaunen. Und wer das Treiben auf dem Bahnhofsgelände aus der Vogelperspektive betrachten wollte, der konnte das mittels einer Hebebühne. An einem der zahlreichen Verkaufsstände gab es sogar echtes Mitropa-Geschirr und Dienstvorschriften für den Schlafwagenverkehr zu kaufen.
Einer der Höhepunkte war eine Übung der Rheinsberger Feuerwehr. Dafür hatten die Vereinsmitglieder einen Eisenbahnwagen hergerichtet, der in Brand gesteckt wurde. Wenig später konnten die Festbesucher erleben, wie schnell so ein Brand bekämpft sein kann.
Jürgen Rammelt
(MAZ, 2011-08-29)


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